Interview mit Paralympics-Sportler David Behre
David Behre ist unser Botschafter für die Themenmonate Behinderung
David Behre ist Paralympics-Teilnehmer und Leichtathletik-Spitzensportler. Für uns ist er Botschafter für das Thema Behinderung, dem wir uns verstärkt im November und Dezember widemen. Im Interview erklärt er, wie er Behinderung im Arbeitsleben und unserer Gesellschaft wahrnimmt. Weitere Informationen erhalten Sie Faktenblatt sowie auf Facebook und Twitter.
Was war Ihr persönlicher Antrieb/ Ihre Motivation für Ihre sportliche Karriere? Woher kam Ihr Wille, professioneller Leistungssportler zu werden?
Ich war schon immer Sportler. Vor meiner Karriere als Profisportler bin ich vor allem Motocross gefahren. Als ich nach meinem Unfall im Krankenhaus lag, habe ich eine Reportage über den südafrikanischen „Blade Runner“ Oscar Pistorius gesehen. Sofort war mir klar: Das will ich und das kann ich auch. Ich will laufen, ich will Leichtathlet werden und mich mit den Besten der Welt messen.
Finden Sie, dass Menschen mit und ohne Behinderung in unserer Gesellschaft die gleichen Chancen haben? Was muss sich Ihrer Meinung nach ändern, um Chancengleichheit zu erreichen?
Nein. Menschen mit und ohne Behinderung haben definitiv nicht die gleichen Chancen in unserer Gesellschaft. Ich selbst habe Glück, da ich mich nicht als behindert wahrnehme. Menschen sind immer unterschiedlich. Das liegt in unserer Natur. Und solange wir respektvoll miteinander umgehen, ist das auch kein Problem. Leider ist aber genau dieser Umgang innerhalb unserer Gesellschaft keine Selbstverständlichkeit. Um Chancengleichheit zu erreichen sollten wir uns ein Beispiel an unseren Jüngsten nehmen und unvoreingenommener agieren. Bei Besuchen in Schulen erlebe ich das so oft: Dort fragen mich die Kinder einfach: Wie ist das passiert? Wir sollten uns einander mehr zuwenden und uns mehr füreinander interessieren.
Was können Menschen mit und ohne Behinderung im Arbeitsleben voneinander lernen?
Mein Arbeitsleben ist der Profisport. Regelmäßiges Training ist fester Bestandteil davon. In meinem Verein in Leverkusen arbeite ich auch mit nicht-gehandicapten Sportlern zusammen. Wir trainieren gemeinsam und wir feuern uns gegenseitig an. Dieses Gefühl der Zusammengehörigkeit macht Spaß und beflügelt uns gegenseitig. Im Büro könnte das genauso funktionieren und wir sind an der Stelle wieder beim Thema Respekt: Ich sehe, wie es meinem Gegenüber geht – und im besten Fall helfen wir einander.
Welche Maßnahmen können Unternehmen ergreifen, um mehr Inklusion für Menschen mit Behinderung am Arbeitsplatz zu erreichen?
Eins vorneweg und das ist meine feste Auffassung: Wer Menschen in Unternehmen nur danach beurteilt, wie sie zur Wertschöpfung und zum Unternehmensprofit beitragen, wird genau diese Ziele nie erreichen. Körperlich eingeschränkte Menschen müssen angepasste Arbeitsplätze bekommen, um sich einzubringen zu können. Sicher ist auch: Es gibt Menschen mit geistigen Behinderungen, deren Fähigkeiten wir bloß nicht richtig erkennen. Vielleicht ist es eine Utopie: Aber wenn ein Unternehmen mehr gehandicapte Mitarbeiter hat, geht es in diesem Unternehmen menschlicher zu. Dazu gehören Mut und Umdenken. Wenn dies entschlossen angegangen wird, gewinnen letztlich alle.