Rassismus ist eine historisch gewachsene Denkweise. Wer rassistisch denkt, unterscheidet dauerhaft zwischen „Wir“ und „Sie“. Dieses Voneinander-Unterscheiden dient dazu, sich über die „Anderen“ zu stellen und dies als Machtvorteil zu nutzen. Dieser Denkweise zufolge können „Andere“ auf eine Weise behandelt werden, die als grausam oder ungerecht angesehen würde, wenn Mitglieder aus der eigenen Gruppe davon betroffen wären. Rassismus ist somit ein Ausdruck gesellschaftlicher Machtverhältnisse und ist menschengemacht. Er ist alles andere als ein Naturgesetz. Vielmehr wird er genutzt, um ein System zu rechtfertigen, in dem Ausschluss, Beschränkung und Bevorzugung herrscht. Es entsteht ein rassistisches Klassifikationssystem.
Im Alltag oder im Beruf bedeutet das: Rassismus führt dazu, dass Menschen daran gehindert werden, am gesellschaftlichen oder privaten Leben ohne Einschränkungen teilzuhaben – und das in allen Bereichen des Lebens: ob im politischen, sozialen, wirtschaftlichen, rechtlichen kulturellen oder jedem sonstigen Bereich. Die Folge: In rassistischen Strukturen können nicht alle uneingeschränkt ihre Grundfreiheiten leben oder ihre Menschenrechte vollends ausüben. Sie sind entweder beeinträchtigt oder werden sogar überhaupt nicht gewährt. Es gibt Menschen mit und Menschen ohne Privilegien. Die Gesellschaft ist somit geprägt von sozialen Ungleichheiten, Sicherung von Privilegien und Stabilisierung von Herrschaftsverhältnissen.
Rassistische Strukturen sind oft tief - teilweise unbewusst - in Gesellschaften verankert und verfestigt – aufgrund von jahrhunderteralter Verallgemeinerungen, Stereotypen und Vorurteilen sowie anhand vermeintlich körperlichen oder (imaginierte) kulturellen Zuschreibungen. Gerade letztere dienen der Abgrenzung und bestimmen, wer dazu gehört und wer nicht bzw. welche Lebensweise vermeintlich unvereinbar ist.
Schauen wir auf Deutschland, sind meist nicht-weiße Menschen von Rassismus betroffen – jene, die als nicht-deutsch, also vermeintlich nicht wirklich zugehörig angesehen werden. Rassismus findet sich in der deutschen Gesellschaft offen oder versteckt: in Talkshows, Nachrichten oder in der Zeitung, wenn über Menschengruppen herablassend gesprochen und geschrieben wird; bei der Wohnungs- und Ausbildungsplatzsuche, wenn Menschen mit deutsch klingendem Namen viel wahrscheinlicher einen Platz bekommen als andere; bei racial profiling, in Kinderbüchern, auf dem Schulhof oder in rassistischen Memes auf Facebook und Instagram. Das Verständnis von Rassismus ist in Deutschland stark an den Nationalsozialismus gekoppelt. Doch Rassismus ist kein Synonym für Rechtsextremismus.